Zukünftige Genossenschaft übergibt Wärmeliefer-Angebot an Bezirksamt

Ja, wir wollen! Das war die wesentliche Botschaft von Bezirksbürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne) und Christoph Brzezinski (CDU), Stadtrat für Stadtentwicklung, Liegenschaften und IT, bei der Bürgerversammlung zur Nahwärme am 30. Mai. Sie konkretisierten damit den Beschluss des Bezirksamtes, die Schulen im Quartier Eichkamp und die Hans-Rosenthal-Sportanlage an das zukünftige Nahwärmenetz anzuschließen und damit das Projekt möglich zu machen. Bis zu den Sommerferien soll dazu eine definitive Entscheidung fallen. Zuvor hatte der designierte Finanzvorstand der Nahwärmegenossenschaft, Reiner Wild, dem Bezirksamt für die Nahwärmegruppe mündlich ein Angebot zur Wärmelieferung gemacht.


Herzlichen Dank an Florian Bolk für die Fotos!

Beide Bezirksamtsvertreter*innen kündigten im proppenvollen Saal des Hauses Eichkamp (ca. 80 Personen drängten sich im Saal und auf der Empore) bis zu den Sommerferien eine definitive Aussage des Bezirksamtes an. Kirstin Bauch sagte, die zukünftige Genossenschaft habe ihre „Bringschuld“ erfüllt und ein Angebot vorgelegt. Sie zeigte sich vom kontinuierlichen Engagement aus der Siedlung beeindruckt. Beide betrachteten das Projekt als sehr positiv und betonten, dass es erheblich zur CO2-Einsparung beitrüge. Kirstin Bauch wies darauf hin, dass der Bezirk bereits die Potenziale des Energiesparens in den öffentlichen Liegenschaften ausgereizt habe. Wenn man mehr CO2 einsparen wolle, müssen man auf regenerative Wärmequellen umsteigen. Christoph Brzezinski meinte, der Wärmepreis der Genossenschaft sei zwar im Vergleich zu den kürzlich wieder gesunkenen Erdgaspreisen teurer, dafür sei die Wärmeversorgung aber sicher. Er äußerte sich auch vorsichtig positiv zum Standort des Parkplatzes an der Waldschulallee, allerdings müssten dazu noch Gespräche mit den umliegenden Sportvereinen und der eigenen Verwaltung geführt werden. (s. auch Bericht von Cay Dobberke im Newsletter für Charlottenburg-Wilmersdorf)

Die neue Machbarkeitsstudie für das Nahwärmenetz

Zuvor hatten Dietmar Münnich und Julian Henkel vom Rosenheimer Ingenieurbüro DME Consult die neue Machbarkeitsstudie für die
Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) vorgestellt. Geschäftsführer Dietmar Münnich bekräftigte die Rolle von öffentlichen Liegenschaften als Ankerkunden: Dadurch ergebe sich sowohl wirtschaftliche Stabilität als auch Vertrauen im Quartier. Die Hälfte der Wärme aus dem Heizwerk werde von den öffentlichen Liegenschaften verbraucht. Die Wärmeproduktion werde gegenüber der früheren Planung durch den zusätzlichen Wärmeabsatz an die Schulen erheblich gesteigert auf ca. 5.269 MWh pro Jahr.
An der Zusammensetzung der Wärmequellen hat sich aber nichts geändert: Die Wärme werde wie bisher geplant zu 64 % aus Luft-Wasser-Großwärmepumpen und zu 36 % aus Biomasse erzeugt. Fossile Energieträger kämen gar nicht zum Einsatz, obwohl das BEW noch 10% erlauben würde. „Wir übererfüllen damit die Vorgaben“, sagte Münnich. Mit der Nahwärme werden gegenüber dem Status quo 5.400 MWh Primärenergiebedarf und ca. 1.300 t bzw, 97,2 % CO2 pro Jahr eingespart. Zurzeit ist das Netz für ca. 100 Anschlussnehmende im Quartier und die Schulen geplant. Es können aber noch mehr Quartierbewohner*innen angeschlossen werden. Inzwischen liegen 106 Interessenbekundungen vor.

Dietmar Münnich zerstreute auch Bedenken wegen der Emissionen des Heizwerkes. Schallschutzmaßnahmen ermöglichten einen relativ leisen Betrieb, das Heizwerk werde in der Geräuschkulisse der AVUS untergehen. Das Ingenieurbüro habe bereits Projekte realisiert, in denen die Heizzentralen in Wohngebieten liegen wie z.B. in Teningen (BW). Die Emissionen von Luftschadstoffen werden durch hocheffektive Filter weitgehend reduziert.

Höhere Wärmepreise durch Inflation

Die Präsentation enthielt auch neue Wärmepreise, die durch die Inflation gestiegen sind wie die die fossilen Brennstoffkosten auch – in erster Linie durch gestiegene Kosten für die Tiefbauarbeiten und die verteuerten Bauzinsen. Der aktuelle Mischpreis beträgt 19,52 Cent netto pro Kilowattstunde (kWh) Wärme. Zusätzlich wird ein Anschlussbeitrag von 13.000 € netto für Einfamilienhäuser und von 20.000 € netto für Mehrfamilienhäuser erhoben, der eine Wärmeübergabestation (WÜST) enthält. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Sterr-Kölln und Partner, die das Projekt ebenfalls seit längerem begleitet, hat auch einen neuen Vollkostenvergleich über 15 Jahre mit der Anschaffung einer Luft-Wasser-Wärmepumpe oder einem Erdgas-Brennwertkessel mit Solarthermie-Ergänzung angestellt. Da diese beiden Optionen noch zusätzlich durch das Land Berlin gefördert werden, beträgt die Förderquote durchschnittlich 53 %. Das Wärmenetz wird hingegen nur zu 40 Prozent gefördert durch das neue Bundesförderprogramm effiziente Wärmenetze (bei der Genossenschaft). Die Erdgas-Brennwertheizung wäre nach heutigem Stand um einiges günstiger, allerdings sind dort Preissteigerungen durch Krisen und weitere Verteuerungen durch den anstehenden Erdgasausstieg nicht einbezogen. Erdgas ist bekanntlich auch ein fossiler Brennstoff. Die Luft-Wasser-Wärmepumpe wäre einen Cent pro Kilowattstunde preisgünstiger. Kostensenkungspotenziale bestehen noch, wenn alle Maßnahmen auf dem Grundstück des Eigentümers inkl. der WÜST nach der Bundesförderung effiziente Gebäude gefördert werden.
Die Nahwärme hat aber, wie Dietmar Münnich ausführte, viele weitere Vorteile: Sie ist gegenüber einer individuellen Heizung sauber, wartungsarm, platzsparend, stressfrei, leise und langlebig. Außerdem wird häufig der negative Klimaeffekt der Kältemittel von handelsüblichen Wärmepumpen unterschätzt. Die Wärmepumpen im Heizhaus sind um ein Vielfaches klimafreundlicher. Die Präsentation vom 30.05. findet man auf dieser Seite unter „Downloads“.
Reiner Wild stellte das Angebot der zukünftigen Genossenschaft für die öffentlichen Liegenschaften vor. Das Bezirksamt würde einen Großkundenrabatt erhalten und müsste für die kWh Wärme 15,98 Ct netto zahlen. Hinzu kommen 150.000 € netto einmalige Anschlusskosten.

Verdienter Klimaschutzpartner- Preis?

Verschiedene Fragen der Teilnehmenden wurden ausführlich beantwortet. Der Abend endete verhalten optimistisch, dass es jetzt endgültig vorangeht mit der Nahwärme. Wenn das alles so kommt, so sagte Sanierungsmanagerin Sabine Drewes zum Schluss, habe die zukünftige Genossenschaft und das Bezirksamt den Anerkennungspreis für herausragende Projekte öffentlicher Verwaltungen (wir berichteten) zu Recht bekommen.