Erste Vorstellung der Genossenschaftssatzung am 28. Februar

Am 28. Februar stellte die Nahwärmegruppe des Siedlervereins die erste Version der Genossenschaftssatzung (s. unter Downloads) im Haus Eichkamp vor. Ca. 30 Einwohner*innen waren auf Einladung gekommen. Dabei stellte sich auch Reiner Wild erstmals der Quartiersöffentlichkeit vor, der für den Posten des Finanzvorstandes der Genossenschaft kandidieren möchte.

Reiner Wild war zuvor lange Jahre Geschäftsführer des Berliner Mietervereins und ist jetzt in Rente. Die Nahwärmegruppe arbeitet seit Herbst 2022 an einer neuen Satzung für die Nahwärmegenossenschaft, die der aktuellen Situation entspricht. Der Satzungsentwurf ist an Satzungen bestehender Genossenschaften angelehnt, die der Nahwärmegruppe vorlagen. Vieles ist im Genossenschaftsgesetz vorgegeben, z.B. welche Rechte und Pflichten die Mitglieder haben, dass es die Organe Generalversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat gibt, mit welchen Mehrheiten über welche Themen entschieden werden muss und einiges mehr.

Die zukünftige Nahwärme West eG – Besonderheiten des Satzungsentwurfes

Die Satzungsgruppe hat im Rahmen der Vorgaben des Genossenschaftsgesetzes eigene Akzente gesetzt. Stefan Günther, Marcus Schuchardt, Reiner Wild, Sandeep Jolly und Sabine Drewes stellten sie bei der Versammlung vor:

  • Gegenstand:
    Der Gegenstand des Unternehmens – also das Geschäft das die Genossenschaft laut Satzung betreiben darf – ist weiter gefasst als nur Wärmelieferung, obwohl sich der Betrieb am Anfang auf Bau und Betrieb der Wärmeversorgung konzentrieren wird. Er umfasst außerdem Erzeugung und Vertrieb von Energie in anderen Formen, Organisation und Beratung zu Maßnahmen energetischer Gebäudemodernisierung und die Erbringung und Beauftragung von Dienstleistungen in diesem Bereich. Die Empfehlung anderer Genossenschaften ist, den Gegenstand von vornherein etwas weiter zu fassen, damit man nicht bei jeder Gelegenheit eine von der Generalversammlung abzustimmende und damit langwierige Satzungsänderung herbeiführen muss. Ähnliches gilt auch für Zweigniederlassungen und die Beteiligung an anderen Unternehmen (mit passendem Zweck), wie in vielen anderen Genossenschaftssatzungen üblich.
  • Mitgliedschaft und Wärmelieferung:

Mitglied kann werden, wer entweder die Voraussetzungen erfüllt, um die Leistungen in Anspruch zu nehmen (also z.B. im Quartier wohnt und Wärme beziehen kann), oder wessen Mitgliedschaft im Interesse der Genossenschaft liegt. Mit allen Mitgliedern, die die Einrichtungen der Genossenschaft in Anspruch nehmen können, wird ein Wärmeliefervertrag abgeschlossen. Umgekehrt wird keine Wärme an Nicht-Mitglieder geliefert, außer möglicherweise an die öffentlichen Liegenschaften. Hier sind die Absprachen mit dem Bezirksamt noch zu Ende zu führen.

  • Rolle von Vorstand und Aufsichtsrat:
    Die Rolle des Vorstandes ist gegenüber dem Aufsichtsrat etwas stärker aufgewertet wie in der Grafik dargestellt – im Unterschied zu anderen Satzungen.
    Beispielsweise beruft der Vorstand die Generalversammlungen ein und leitet sie. Das liegt hauptsächlich daran, dass der Vorstand semi-professionell sein wird (mit Mini- oder Midijobs ausgestattet) und man erwarten kann, dass er mehr Zeit in diese Tätigkeiten investieren kann als der ehrenamtliche Aufsichtsrat (AR). Dafür werden sowohl der Vorstand als auch der Aufsichtsrat direkt von der Generalversammlung gewählt. Das unterscheidet sich von vielen anderen Genossenschaften, bei denen nur der Aufsichtsrat von der Generalversammlung gewählt wird und dieser dann den Vorstand ernennt.Der Vorstand kann hauptamtlich, nebenamtlich oder ehrenamtlich tätig sein. Er besteht aus drei Personen, wobei mindestens eine eine Frau sein muss.Der Aufsichtsrat (AR) besteht aus fünf Personen. Zwei davon müssen Frauen sein. Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf soll einen Sitz im AR bekommen. Der Aufsichtsrat kann aus der Mitgliedschaft Ausschüsse bestimmen. Die Ausschüsse beraten den Aufsichtsrat. Jeder Ausschuss muss mindestens drei Mitglieder haben.
  • Investierende Mitglieder
    Investierende Mitglieder sind Mitglieder, die zwar Genossenschaftsanteile zeichnen, aber (noch) nicht die Leistungen der Genossenschaft nutzen können. Sie können entweder Stimmrecht bekommen oder auch nicht. Über die Frage, ob es investierenden Mitglieder geben soll und ob sie Stimmrecht haben werden, bestand in der Satzungsgruppe auch zum Zeitpunkt der Vorstellung keine endgültige Klarheit. Im Entwurf steht, dass die Zahl der investierenden Mitglieder, also solcher, die die Leistungen der Genossenschaft zunächst nicht in Anspruch nehmen (können), höchstens 10 % betragen darf, diese aber Stimmrecht haben. Die max. Anzahl investierender Mitglieder mit Stimmrecht beträgt nach Genossenschaftsgesetz 20%. Die Frage nach den investierenden Mitgliedern besonders mit Stimmrecht ist sensibel, da diese Mitglieder möglicherweise andere Interessen haben als die Mitglieder, die am Förderzweck teilnehmen.

    • Geschäftsanteil, Eintrittsgeld und Nachschusspflicht

    Die Gruppe hat als Geschäftsanteil 500 € aufgerufen, wobei bei Bedarf in Raten gezahlt werden kann, außerdem 1000 € Eintrittsgeld. Eine Nachschussplicht besteht nicht – Das bedeutet, wenn eine wirtschaftliche Schieflage auftritt werden die Mitglieder nicht gezwungen immer mehr Geld zu investieren. In diesem Fall tritt entweder der Insolvenzfall ein – oder die Mitglieder beschließen auf freiwilliger Basis Geld nachzuschießen.

    Diskussion:

    Diskutiert wurde besonders über die Themen investierende Mitglieder, die Frage der Beteiligungen und die Frauenquoten bei Vorstand und AR.
    Einige Anwesende wollten gern investierende Mitglieder werden, wohnen aber nicht im ersten Bauabschnitt. Für sie ist diese Frage besonders relevant. Beteiligungen und Einrichtung von Zweigniederlassungen wurden teilweise kritisch, weil als zu weitgehend, gesehen. Außerdem wurde moniert, dass es eine Quote nur für Frauen, aber nicht für Männer gibt. Da es meist sehr starke Ungleichgewichte auch bei Genossenschaften zuungunsten von Frauen gibt, ist das in der Gleichstellungspolitik üblich.
    Die Anwesenden dankten ausdrücklich der Nachwärmegruppe für ihr unermüdliches Engagement.

    Wie geht es weiter?

    Interessierte an der Genossenschaftsgründung können Anregungen und Änderungswünsche bis zum 17. April an die Satzungsgruppe schicken (an drewes@energie-eichkamp-heerstrasse.de oder an nahwaerme@siedlung-eichkamp.de) Sie werden gebeten das schriftlich zu tun mit Angabe der Paragraphen, die sie ändern möchten. Die Gruppe wird sich damit auseinandersetzen und den Entwurf anpassen. Es wird noch mindestens eine zweite Diskussionsrunde geben, u.a. um weiteren Interessierten die Möglichkeit zu geben sich zu informieren, die am 28.2. nicht dabei sein konnten. Die endgültige Satzung wird auf der Gründungsversammlung beschlossen.

    Parallel hat das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf (Umwelt- und Naturschutzamt) das Ingenieurbüro DME Consult beauftragt, das Technikkonzept zu aktualisieren. Das Konzept muss so aufbereitet werden, dass damit ein Antrag für die neue Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) gestellt werden kann. Das Wirtschaftsprüfungsbüro SKP aus Freiburg erstellt zeitgleich den Geschäftsplan. Das heißt im April/Mai wird es auch neue Preise geben.

    Mit all diesen Dokumenten wird anschließend die Genossenschaft, a) einen Förderantrag bei BEW zu stellen, b) einen Bauantrag und Antrag auf Zurverfügungstellung des Bauplatzes zu stellen, c) einen Kreditvertrag mit einer Bank abzuschließen und d) die Eintragung der Genossenschaft beim Genossenschaftsverband beantragen.

    Ob es dazu kommt, hängt von der Neubildung des Bezirksamtes ab und ob sich das BA dazu entschließt, die erforderliche Wärmemenge zu den wirtschaftlich notwendigen Preisen abzunehmen. Wenn es gelingt, kann die Genossenschaft im Frühsommer 2023 gegründet werden und der Bau im kommenden Jahr starten.

    Fragen? Donnerstags oder freitags unter 0176-57795103