Die Spitzenkandidierenden am 12. Februar 23 für die BVV Charlottenburg-Wilmersdorf zur Nahwärme

Christoph Flötotto/Marcus Schuchardt

Kurz vor der Wiederholungswahl haben einige Mitglieder des Siedlervereins die Spitzenkandidierenden der zurzeit in der BVV vertretenen Parteien gefragt, ob sie das Nahwärmeprojekt im Eichkamp unterstützen. Die Mitwirkung der öffentlichen Liegenschaften im Quartier ist für den wirtschaftlichen Erfolg der Nahwärmegenossenschaft wesentlich. Über den Anschluss der Liegenschaften entscheidet das Bezirksamt.

Die Stadträte, die 2021 gewählt wurden, bleiben nach gegenwärtiger Informationslage im Amt. Sollten sich die Mehrheitsverhältnisse in der BVV stark verändern, wird aber der Druck zur Neuwahl des Bezirksamts steigen.
Das heißt, vielleicht besteht eine Möglichkeit, die Zusammensetzung des Bezirksamtes am 12. Februar zu beeinflussen.

Da das Nahwärmeprojekt von herausragender Bedeutung für den Eichkamp ist haben wir die Spitzenkandidierenden um die Beantwortung folgender Frage gebeten:

„Unterstützen Sie, dass die öffentlichen Liegenschaften Reinfelder Schule, Ernst-Adolf-Eschke-Schule und Hans-Rosenthal-Sportanlage von der zukünftigen Genossenschaft Wärme beziehen auf eine Weise, die der Genossenschaft einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglicht?“

Geantwortet haben:
– Kirstin Bauch/Oliver Schruoffeneger* (Grüne, Bezirksbürgermeisterin bzw. Stadtrat für Ordnung, Umwelt, Straßen und Grünflächen )
– Stefanie Beckers (FDP)
– Ariturel Hack (CDU)

Nicht geantwortet haben:
– Heike Schmitt-Schmelz (SPD), Stadträtin für Bildung, Sport, Liegenschaften und IT
– Annetta Juckel, (Linke)

Kirstin Bauch (Grüne, Bezirksbürgermeisterin):

Als Spitzenkandidatin meiner Partei unterstütze ich das Nahwärmeprojekt und die Gründung einer Genossenschaft ausdrücklich. Energiesouveränität durch erneuerbare Energien hat einen ganz neuen Stellenwert bekommen. Wir müssen die Potenziale der Stadt viel stärker für die Wärmewende nutzen. Den Kommunen kommt bei der Wärmewende eine entscheidende Rolle zu, denn fast die Hälfte des Wärmeenergiebedarfs entfällt auf Privathaushalte.
Ich finde Ihren beharrlichen Einsatz für ein energieautarkes Wohnquartier außerordentlich wichtig und es ist unsere gemeinsame Aufgabe, diese Entwicklung besonders hier im Bezirk mit aller Kraft voranzutreiben. Wenn wir mit dem Anschluss der genannten Schulen und Sportanlage die Wirtschaftlichkeit dieses Projektes fördern können, dann sehe ich die Kommune in der Pflicht dies auch zu ermöglichen.
Unter den Aufgaben des bezirklichen Klimaschutzes haben energetische Quartierskonzepte wie Ihres einen besonderen Stellenwert. Öffentliche Liegenschaften sollten dabei unterstützen und ermöglichen, auch wenn dadurch ein geringer Preisnachteil entsteht, muss der Klimavorteil in Zusammenarbeit mit den Quartiersbewohner*innen handlungsleitend sein.

Stefanie Beckers (FDP):

Die FDP-Fraktion der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf befürwortet das geplante, zu 100 % regenerative Nahwärmenetz im Eichkamp vollumfänglich. Denn um die von Land, Bund und EU gesetzten Ziele zur Klimaneutralität zu erreichen, müssen auch in unserem Bezirk vor allen Dingen Bestandsbauten schnellstmöglich auf eine klimagerechte Wärmeversorgung umgestellt werden. Nahwärmenetzen, wie sie im Eichkamp realisiert werden, kommt dabei eine Schlüsselrolle zu; sie sollten als Vorbild im Bezirk und ganz Berlin gelten. Dazu ist jedoch nicht nur eine gezielte Förderung solcher Projekte vonnöten, sondern auch eine umfassende Einbeziehung der bezirkseigenen Liegenschaften.
Um eine effiziente und kostengünstige Wärmeversorgung zu gewährleisten, bedarf es aller Gebäude in einem festgesetzten Umkreis. Das bedeutet im Idealfall, dass die bezirklichen Liegenschaften ebenfalls ihre zur klimaneutralen Energiegewinnung nötigen Flächen zur Verfügung stellen und die so gewonnenen erneuerbaren Energie an die in das Nahwärmenetz eingebundenen Verbraucher verteilen. Ist dies aufgrund der Beschaffenheit der Liegenschaften wie in diesem Fall nicht möglich, sollte zumindest durch langfristig gesicherte Wärmeabnahme der wirtschaftliche Erfolg der Genossenschaft gesichert werden. Dass hierbei eine Abwägung zwischen etwaigen Mehrkosten und einem höheren Nachhaltigkeitsnutzen zu treffen ist, ist aufgrund der Verwendung öffentlicher Gelder selbstverständlich. Die Etablierung klimaneutraler Quartierskonzepte sollte dabei aber in jedem Fall unter langfristigen Gesichtspunkten bewertet werden.

Für die CDU hat Ariturel Hack geantwortet, Direktkandidat für das Berliner Abgeordnetenhaus:

Der Siedlerverein Eichkamp hat mit seinem autarken und CO2-neutralen Nahwärmeprojekt ein zukunftsweisendes Vorhaben gestartet, dass ich gerne unterstütze. Gemeinsam muss man nun schauen, dass die finanziellen und verwaltungstechnischen Hürden gemeistert werden und das Vorhaben auch bei den Anwohnern auf die größtmögliche Unterstützung stößt.

Oliver Schruoffeneger* (Grüne, Stadtrat für Ordnung, Umwelt, Straßen und Grünflächen:

Wie Sie wissen, habe ich in meiner Funktion als Umweltstadtrat die Vorarbeiten für das geplante Nahwärmenetz mit diversen Gutachten und Förderungen unterstützt und natürlich will ich auch die Realisierung nun durchsetzen. Nahwärmenetze sind für die Wärmewende unverzichtbar und sie sind in der Regel immer dann besonders wirtschaftlich, wenn die großen Ankerkunden der jeweiligen Region mit dabei sind. Die Kommune hat dabei eine Ermöglichungsfunktion und muss nach meiner Auffassung Teil der Netze werden, wenn sich nur so die erheblichen Vorteile eines Nahwärmenetzes gerade auch für die Klimabilanz umsetzen lassen.
Dies gilt natürlich auch für die Schulen im Bereich der Siedlung Eichkamp und das dortige Nahwärmenetz. Eine Politik, die aufgrund eines eventuell geringen Preisvorteils oder angeblicher anderer Vorteile einer eigenständigen Insellösung für die kommunalen Einrichtungen eine solche Integration in ein Nahwärmenetz verweigert, kenne ich aus keiner anderen deutschen Kommune. Wer die Wärmewende will, muss sich an Nahwärmenetzen beteiligen.

*(Die Grünen haben 2 Spitzenkandidaten)